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Was rüberkommen sollte

Kommentar zum 28. Sonntag im Jahreskreis von Claude Bache (13.10.2024)

Das Evangelium dieses Sonntags ist beunruhigend. Was ist da zwischen Jesus und dem offenbar vermögenden Mann passiert? Ihn interessierte die Frage, wie sein Leben vor Gott gelingen könne. Die Antwort Jesu gibt zu denken. Sie nennt ausschließliche Gebote, die sich auf die Welt der sozialen Beziehungen unter Menschen beziehen. In keinem einzigen der genannten Gebote kommt Gott unmittelbar ins Spiel.

Das mag uns erstaunen. Oder kommt uns das nur deshalb so erstaunlich vor, weil wir von Jesus ein in gewissem Sinn falsches Bild haben? Ihm ging es in seiner Verkündigung um den Menschen und um das Gelingen der Beziehungen der Menschen untereinander. Und das nicht im Sinn eines bloß ethischen Humanismus, sondern im Sinn einer Lebenshaltung, bei der Gott längst schon unerkannt seine Hände im Spiel hat. Nicht von ungefähr lesen wir im ersten Johannesbrief: „Wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns“ (1 Joh 4,12). Und weniger Sätze vorher heißt es: „Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt“ (1 Joh 4,8). Es heißt nicht, wer Gott nicht liebt, sondern wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt.

Der vermögende Mann hatte offensichtlich im Sinn des ersten Johannesbriefes Gott erkannt, weil er die auf die sozialen Beziehungen ausgerichteten Gebote alle erfüllt hatte. Worin lag also in der Begegnung zwischen ihm und Jesus das Problem? Jesus hatte ihn, weil er so gute Voraussetzungen mitbrachte, aufgefordert, ihm nachzufolgen. Das aber setzte in der konkreten Situation einen Trennungsstrich zum etablierten, gesicherten Leben voraus. Nicht im Sinn radikaler Armut, sondern im Sinn der Bereitschaft, unterwegs zu sein und Entbehrungen auf sich zu nehmen. Auch Jesus war nicht einfach arm. Warum auch? Aber er war unterwegs und wusste, was Abhängigkeit von anderen bedeutete. Hätte Jesus wirklich arm gelebt, hätte er sich nie den Vorwurf zuziehen können, ein Fresser und Säufer zu sein (vgl. Mt 11,19).

Wo also setzte es in der Begegnung zwischen Jesus und dem Mann aus? Der Mann überhörte, weil er den Schritt in die Ungewissheit des Unterwegsseins scheute, die Bitte Jesu, mit ihm zu gehen. Mehr war nicht geschehen. Es ging um den Dienst für das Reich Gottes. Unser Evangelium hat mehr draus gemacht. Es geht nun um die Frage, wie schwer es für begüterte Menschen ist, in das Reich Gottes zu kommen. Oder noch einmal anders, dass das für den Menschen überhaupt nicht möglich sei. Damit hat es den Fokus in eine andere Richtung verlagert, so könnten wir meinen. Es ist aber ein und dieselbe Richtung, die der ganzen Begegnung zwischen Jesus und dem Mann zugrunde liegt, nämlich über Mitarbeiter die Botschaft Jesu bei den Leuten ankommen zu lassen, dass Gott es ist, der seine Nähe, sein „Herz“ zeigt und der es möglich macht, dass Menschen gerettet werden – selbst dann, wenn sie sich einer konkreten Nachfolgeaufforderung verweigern. Für Gott ist alles möglich! Das ist das aufbauende Wort, das uns aus diesem Evangelium erreicht! Zu Gott sollten wir Vertrauen haben, ein Vertrauen, aus dem heraus wir unsere sozialen Beziehungen an seinen Geboten ausrichten – wie der vermögende Mann.

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